SOS-Kinderdorf Skandal entblößt Missstände beim Kinderschutz in Österreich
- ÖKSB - Wien
- 2. Nov.
- 3 Min. Lesezeit

Fassungslos über die täglichen Meldungen von zeitnahen und weit zurückliegenden Vorfällen von Kindesmissbrauch und Gewalt an Kindern in SOS-Kinderdorf Einrichtungen waren nicht nur wir.
Missstände wurden in dieser Organisation offensichtlich jahrelang vertuscht und leider können wir den Gründer von SOS-Kinderdorf, Hermann Gmeiner (1919 – 1986) nicht mehr befragen, was die wahren Beweggründe für sein „Engagement“ waren.
Wir vom ÖKSB-Wien denken, dass SOS-Kinderdorf nicht zu retten ist. Diese „Marke“ ist am Ende und man darf gespannt sein, ob politische Entscheidungsträger/-innen das auch so sehen. Gleichwohl sollte das aktuelle System zur Fremdunterbringung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen in Österreich unbedingt überdacht und verbessert werden.
Österreich hat sich mit seiner Zustimmung zu den internationalen Kinderrechten, am 20. November 1989, im Rahmen einer UN-Generalversammlung, zum Schutz von Kindern und Jugendlichen verpflichtet.
Nicht erst bei diesem Fall wurde augenscheinlich, dass das aktuelle System und die Kontroll-Mechanismen der Kinder- und Jugendhilfe unzureichend sind.
Die außerfamiliäre Betreuung von Kindern wird an externe Organisationen, sogenannte Träger, übergeben. Diese Vereine haben dann für ausreichend (pädagogisch geschultes) Personal, Lebensraum, Nahrungsmittel, Kleidung, usw. zu sorgen, um das Wohl der Kinder gewährleisten zu können.
Die Bundesländer, Kinderschutz ist in Österreich in Händen der neun Bundesländer, bezahlen diesen Vereinen einen bestimmten Förderbetrag. Im Fall von SOS-Kinderdorf wurde in der Tageszeitung Kurier berichtet, dass diese Organisation auf private Spenden in der Höhe von 46,5 Mio. Euro im Jahr 2024 angewiesen war, um die notwendigen Leistungen bezahlen zu können. Das Fördergeld reichte offensichtlich nicht und die Kontrolle der SOS-Kinderdorf Einrichtungen war ebenfalls unzureichend.
SOS-Kinderdorf hat bisher für 33 Fälle innerhalb ihrer Organisation 370.000,- Euro an Entschädigungszahlungen, vermutlich aus privaten Spendengeldern, bezahlt.
Anstatt sich selbst und ihren Beitrag zu diesem Missbrauchsskandal zu hinterfragen, betonen die zuständigen Landesräte, Frau Eva Pawlata (SPÖ) und Wolfgang Fürweger (FPÖ), in Kurier-Interviews sinngemäß, dass sie es nicht zulassen werden, dass Steuergelder für Schadensersatzzahlungen an gequälte/misshandelte Kinder geleistet werden bzw. in der Vergangenheit hierfür verwendet wurden.
Eine interessante und für uns bedenkliche Einstellung gegenüber den betroffenen Kindern, die vermutlich auch durch zu wenig finanzielle Unterstützung und ausbleibende Kontrolle, durch die hierfür zuständigen Landesämter und Einrichtungen, zu Opfern wurden.
Welche Maßnahmen bzw. politische Entscheidungen können zur Verbesserung der Situation von Kindern und Jugendlichen in Österreich beitragen?
Elternbildung als fixer Bestandteil des monetären Anreizsystems mit dem Namen „Eltern-Kind-Pass“
Alle Eltern und Familien sollten von Beginn an gut begleitet und mit hilfreichen Wissen über die gewaltlose Erziehung versorgt werden. Manche Familien werden einen längeren Zeitraum besucht werden müssen und manche weniger lang. Lebens- und Sozialberater/-innen und Sozialarbeiter/-innen können Familien wertvolle Unterstützung im gemeinsamen Tun und für die gesunde Entwicklung der Kinder geben. Sorgen wir dafür, dass Kinder in ihren Familien glücklich sein können und nicht fremduntergebracht werden müssen.
Übernahme der Verantwortung für fremduntergebrachte Kinder durch die Bundesländer, anstatt externe Träger-Organisationen damit zu beauftragen. Anstatt sich mit Fördergeldern faktisch von allen Sorgen „frei zu kaufen“ sollten Bundesländer das zahlenmäßig notwendige, pädagogische Personal beim Land anstellen und in geeigneten Unterkünften des jeweiligen Bundeslandes unterbringen. Ein unabhängiges Kontroll-Organ schaffen und personell sowie finanziell sehr gut ausstatten.
Kontrolle: Es muss endlich etwas geschehen, dass Institutionen, Wohngruppen, Kindergärten, Schulen und Vereine flächendeckend kontrolliert werden können. Personalaufstockung ist nur eine Maßnahme. Es gilt einen österreichweiten Plan zu erarbeiten und Transparenz in die Arbeit dieses Kontroll-Organs zu bringen. Unseres Wissen kontrollieren sich Städtische Kindergärten und Schulen in Wien selbst. Es wird dort darauf vertraut, dass Schul- und Kindergartenleiter/-innen das Kindeswohl sicherstellen. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass das leider nicht immer der Fall ist und die Kinder- und Jugendhilfe erst bei Meldungen oder Anzeigen zur Kontrolle kontrollieren kommt. Die im Rahmen der Kinderschutzkonzepte an Schulen vorgegebenen Umfragen unter Schüler/-innen sind leider unzureichend und werden nicht ausgewertet. Im Schulwesen benötigt es daher unbedingt eine externe Möglichkeit der Rückmeldung (Feedback) für Kinder- und Jugendliche.
Gesellschaftspolitische Maßnahmen – Informationen, Kampagnen zum Thema Missbrauch von Kindern und viel mehr Möglichkeiten für Kinder zur Meldung von Übergriffen schaffen. Je mehr Menschen über dieses Thema Bescheid wissen, desto besser. Kampagnen über Gewaltformen bzw. das Erkennen von Gewalt und was zu tun ist, um diese zu beenden sollen sich mit Informationen über Pädophilie, Täter/-innen Strategien und den negativen Möglichkeiten durch Nutzung des Internets sowie KI-Programmen ergänzen. Kinder sollten auch proaktiv nach ihrem Befinden gefragt werden und bei Verdachtsmomenten sollte die zuständige Stelle (siehe oben) unbürokratisch, für eine rasch eingeleitete Kontrolle der Familiensituation, informiert werden können. Hierfür könnten alle Personen geschult werden, die mit Kindern in Kontakt kommen, wie z.B. Kinderärzte/-innen, Kursleiter/-innen, Verkäufer/-innen sowie Rauchfangkehrer/-innen, Handwerker/-innen welche sich zeitweise in Wohnungen mit Kindern aufhalten.
Sascha Hörstlhofer
Quellen:
Lindorfer, R. (31.10.2025), SOS-Kinderdorf: Kampf um Geld und Macht, Kurier, Seite sechs
Lindorfer R., Willim C., Weichhart J. (1.11.2025), SOS-Kinderdorf: Länder setzen den Hebel an
