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Vereinsgründer Dr. Hans Czermak

Hans Czermak (* 18. Juli 1913 in Krems an der Donau; † 12. Dezember 1989 in Wien) war ein österreichischer Kinderarzt und Universitätsprofessor.

Hans Czermak, Sohn von Emmerich Czermak, studierte in Innsbruck und Wien Medizin. Den Zweiten Weltkrieg erlebte er als Truppenarzt vor allem in Russland. Nach 1945 absolvierte er Studien für Sozialpädiatrie in Paris, Stockholm und London. Mehr als vier Jahrzehnte war er in Wien als Kinderarzt tätig; 1949 übernahm er die Leitung der beiden Neugeborenenstationen an der Wiener Universitätsfrauenklinik, von 1962 bis 1978 war er Leiter des Preyer’schen Kinderspitals in Wien und der dort befindlichen Kinderkrankenpflegeschule.

Leitgedanke: "Denn jedes Kind hat das Recht auf eine glückliche Kindheit"
 

Er konzentrierte sich bei seiner wissenschaftlichen Arbeit vor allem auf den Bereich der Sozialpädiatrie. Bereits in den fünfziger Jahren galt sein vordringliches Anliegen dem Kampf gegen die Säuglingssterblichkeit in Österreich, um sie auf europäische Durchschnittsraten zu senken. Seine Bemühungen führten 1974 zur Schaffung des österreichischen Mutter-Kind-Passes, mit dem die gesundheitliche Vorsorge von Schwangeren und Kleinkindern bis zum fünften Lebensjahr geregelt wird. Mit großem Einsatz setzte er sich auch dafür ein, das Stillen wieder populär zu machen. In seinem letzten Lebensjahrzehnt war Hans Czermak Vorkämpfer für eine humane, gewaltfreie Erziehung von Kindern. Es war ihm ein besonderes Anliegen, dem Kind von der ersten Lebensstunde an einen unbestrittenen Platz in der Gesellschaft einzuräumen und ihm damit eine uneingeschränkte psychisch-physische Entwicklung zu ermöglichen. Er stellte fest, dass 98 Prozent aller Kinder psychisch und physisch gesund geboren werden, aber bereits jedes zweite Kind schon nach einigen Lebensjahren mehr oder weniger psychisch gestört und behandlungsbedürftig ist. Er führte diese katastrophale Entwicklung auf die gängige und weitverbreitete Straf- und Prügelerziehung zurück, der viele Kinder schon ab dem ersten Lebensjahr ausgesetzt sind und die ein Ausgangspunkt für vielfältige Fehlentwicklungen Jugendlicher ist. Als deutliche Folgen dieser frühkindlichen Erziehungsdefizite sind Jugendliche aggressiv, leiden unter Depressionen, Schul- und Existenzängsten, zeigen Leistungs- und Entscheidungsschwächen; unterwerfen sich selbstzerstörerischen, rigiden Anpassungszwängen und entwickeln sich zu unglücklichen Außenseitern.

Gekrönt wurde sein Lebenswerk mit der von ihm angeregten Gesetzesänderung, dem Bundesgesetz vom 15. März 1989 (Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz, BGBl.Nr. 162/1989), womit u.a. § 146 a ABGB: „Das minderjährige Kind hat die Anordnungen der Eltern zu befolgen. Die Eltern haben bei ihren Anordnungen und deren Durchsetzung auf Alter, Entwicklung und Persönlichkeit des Kindes Bedacht zu nehmen.“ um den Halbsatz ergänzt wurde: „die Anwendung von Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind unzulässig.“

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Er war Gründer und jahrelang Obmann des Vereines für gewaltlose Erziehung und des Österreichischen Kinderschutzbundes, die seine Ideen noch heute fortführen. Als Hans Czermak starb, war nicht zuletzt durch seine Arbeit die Lebenssituation der Kinder in diesen Bereichen bahnbrechend zum Besseren verändert worden. Zur Erinnerung an ihn wird der Hans Czermak-Preis für besondere Leistungen im Dienste der Gewaltfreiheit gegenüber Kindern mit Unterstützung vom Verband Wiener Volksbildung, der Stadt Wien (Magistratsabteilung 13), der Generali-Versicherung und des ORF verliehen.

 

Literaturhinweise:

Die Gesundheitsverhältnisse der Kinder in Österreich Verlag Hollinek, Wien, 1970

Die erste Kindheit. Ein ärztlicher Ratgeber für das 1. und 2. Lebensjahr Österreichischer Bundesverlag, Wien, 1992, ISBN 3215051745

Stillen - ein guter Beginn. Information für Ärzte, Hebammen und Krankenpflegepersonal Schriftenreihe des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz, Wien, 1984

Von der Kinderfürsorge zur Sozialpädiatrie in: Liselotte Filla (Hrsg.)

Der Friede kommt aus dem Kinderzimmer, Verlag Verband Wiener Volksbildung, Wien, 1994

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