top of page

Vater, Mutter, Scheidungskind

Aktualisiert: 29. Juni 2021


Verpflichtende Eltern- und Erziehungsberatung bei Scheidung und Trennung - macht das Sinn?


Der große schwedische Möbelanbieter ist fast schon ein Synonym für junge Familien mit fröhlichen Kindern. Nirgendwo trifft man so viele Schwangere und junge Eltern, die mit Freude und voller Hoffnung gustieren, vermessen und aufladen. Das glückliche Zusammenleben im schön gestalteten Heim ist das Ziel.


Mich stimmt dieser Anblick froh, denn es zeugt von der Zuversicht, die junge Menschen in sich tragen. Trotzdem sagt die Statistik, dass es bei nahezu jeder zweiten Familie nicht so gut klappt. Man wollte es besser machen, aber irgendwo am Weg ist es dann doch passiert. Der Entscheidung, sich zu trennen gehen meist schon sehr schwierige Zeiten voraus. Nun gibt es kaum Eltern, denen bei den vielen Konflikte und der letztendlichen (Ent)Scheidung nicht die Kinder einfallen. Sie machen sich Sorgen, wie sie das aufnehmen.


Diese Eltern müssen verpflichtend eine einmalige Beratung in Anspruch nehmen, bei der die besonderen, aus der Scheidung resultierenden Bedürfnisse ihrer minderjährigen Kinder besprochen werden. Was mir bei diesen Beratungen auffällt ist, dass es Eltern als beruhigend empfinden, wenn ihre Kinder keine oder nur wenig Reaktionen zeigen. Offenbar macht es ihm/ihr nicht so viel aus, oder, es ändert sich ja nicht so viel für sie/ihn.

Für mich tickt bei dieser einmaligen Beratung die Uhr, es ist wenig Zeit, um Eltern möglichst klar und kompakt ihre Situation durch die Augen und Gefühlswelt ihrer Kinder wahrnehmen zu lassen. Das eröffnet oft eine ganz neue Perspektive und ändert den Zugang auf hoffentlich daraus entstehende Gespräche mit ihren Kindern.


Schuldgefühle, Loyalitätskonflikte und Verlustängste sind in jedem Kind, auch wenn diese nicht offen gezeigt werden. Kinder brauchen die Unterstützung und Hilfe ihrer Eltern, Worte dafür zu finden, Wut und Regression zulassen zu dürfen, trauern zu dürfen ohne sich noch schlechter fühlen zu müssen, weil man die Eltern zusätzlich belastet.

Abgesehen von den oft sehr kränkenden Streitereien zwischen den Erwachsenen können existenzbedrohende Engpässe entstehen, wenn das gemeinsame Hab und Gut wieder aufgeteilt werden muss. Besonders schwierig wird es, wenn bei der Obsorge für die gemeinsamen Kinder keine Einigung erzielt werden kann oder Kontakte sich schwierig gestalten. In diesem Fall darf das Gericht zur Sicherung des Kindeswohls Elternberatung anordnen. Meist sind 10 Einheiten vorgeschrieben, von denen mindestens 8 gemeinsam besucht werden müssen.


Dann stehen Löwinnen und Löwen einander gegenüber.

Diese Eltern wollen durchaus das Beste für ihre Kinder und sie von jeglichem Leid fern halten. Dieses wird grundsätzlich vom jeweils anderen Elternteil verursacht, an dem kein gutes Haar bleibt und mit dem man am liebsten nichts mehr zu tun haben will.


Ein Elternpaar hat so wild gestritten, dass mir Angst und Bange wurde. Als ich total betroffen sagte, dass ich daran denke, die Polizei zu rufen und dass ich mir nun gut vorstellen kann, wie es ihrem 6-jährigen Sohn geht, der diese Option nicht hat, war es still und beide kämpften mit den Tränen.


Kinder hochstrittiger Eltern sind einer massiven Belastung ausgesetzt. Was sie zu verstehen bekommen ist, dass sie von zwei schlechten Menschen abstammen, bei keinem der beiden wirklich gut aufgehoben sind und dass sie das Ergebnis eines Fehlers sind.


Wenn Eltern begreifen, dass sie ihren Kindern damit Gewalt antun, sie tatsächlich schädigen und es in ihrer Hand liegt, das zu verändern, dann bewegen wir uns in diesen Beratungen in eine konstruktive Richtung.


Die Erwachsenen haben das Recht, ihr Leben zu gestalten. Scheidung macht Kindern keinen psychischen Schaden. Ihr Leben wird manchmal komplizierter, manchmal ist es auch das Ende eines jahrelang konfliktbehafteten Zuhauses und die Chance auf ein entspannteres Aufwachsen. Es kann zeigen, dass nach Krisen auch etwas Gutes kommen kann.


Eltern sind meist verärgert, dass das Gericht sie zu Beratungen verpflichten darf, die sie noch dazu aus eigener Tasche bezahlen müssen.


Meistens ist es sehr gut investiertes Geld, das das Leben für die Beteiligten etwas besser macht. Besonders das der Kinder!


Marie Seibl-Kraus


Marie Seibl-Kraus

KinderPraxis Serviten4tel

Hahngasse 27

1090 Wien

0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page