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„It’s not a bug, it’s a feature“- Ein Interview mit Psychologin und Autorin Sophie Seeberg

Aktualisiert: 29. Aug. 2021


1. Was hat Sie dazu bewogen, neben Ihrer Arbeit als familienpsychologische Gutachterin Bücher zu schreiben?


Ich habe schon immer gerne geschrieben – meist, um meine Gedanken zu sortieren oder mich an schöne Dinge zu erinnern, aber auch um mir etwas von der Seele zu schreiben. Nach besonders belastenden, aufwühlenden oder skurrilen Arbeitstagen habe ich häufig Emails an einen guten Freund geschrieben, um ein wenig Abstand gewinnen und das Ganze für die eigene Psychohygiene aus einem anderen – manchmal auch humoristischen – Blickwinkel zu betrachten. Dieser gute Freund ist selbst Autor und fand, dass aus meinen Erlebnissen als Sachverständige unbedingt ein Buch entstehen solle. Und so schickte er meine Emails an eine Lektorin, die seine Meinung teilte und mir beim ersten Treffen so sympathisch war, dass ich mir vorstellen konnte tatsächlich ein Buch über meine Arbeit zu verfassen.


2. Was gefällt Ihnen besonders an der Arbeit als Autorin?


Schreiben ist für mich weniger Arbeit als vielmehr ein Bedürfnis. Ich liebe es zu schreiben. Dazu kommt, dass ich mit meinen Büchern viele Menschen erreichen und ihnen ein paar angenehme Stunden bereiten kann. Das ist ein wundervolles Gefühl.


3. Könnten Sie sich vorstellen, nur noch Bücher zu schreiben? Ich kann mir sehr gut vorstellen noch mehr zu schreiben, aber dann würde mir die Arbeit als Psychologin fehlen, denn die mache ich ja auch sehr gerne.


4. Monatelange Suche nach Kita-Plätzen, stressige Jobs und ständiger Zeitdruck – war Elternsein jemals so schwierig wie in der heutigen Zeit?


Das ist eine traurige Frage, denn sie impliziert, dass Elternsein in erster Linie schwierig statt schön sei. Ich denke, dass die Herausforderungen an Eltern in der heutigen Zeit anders sind als früher, nicht größer. Und ich plädiere dafür, den Blick nicht nur auf die Probleme, sondern öfter auf die positiven Dinge zu wenden – oder zumindest beides zu betrachten. Dann relativiert sich vieles und wir Eltern haben wieder ein wenig mehr Kraft und Zuversicht, um zu schauen, was wir ändern können, um es ein wenig leichter zu haben.


5. Woher stammt der Wunsch vieler Eltern, perfekt zu sein?


Ich denke, der Wunsch eine perfekte Mutter oder ein perfekter Vater zu sein, ergibt sich fast automatisch aus der Liebe zum eigenen Kind und ist an sich etwas Schönes. Allerdings sollten wir Eltern uns darüber im Klaren sein, dass niemand perfekt sein kann und der Versuch dieses unrealistische Ziel zu erreichen dazu führen kann, dass wir unzufrieden und gestresst sind. Deshalb bin ich dafür, dass wir viel mehr versuchen sollten, die besten Eltern für unsere Kinder zu sein – und dazu gehört natürlich auch, dass wir unperfekt sind und Fehler machen, denn wie sonst sollten wir unseren Kindern ein gutes Modell sein und ihnen beibringen können Fehler einzugestehen, aus ihnen zu lernen und es einfach beim nächsten Mal ein bisschen besser zu machen.


6. Viele Familien haben ein hohes Stresslevel. Was können diese Familien tun?


Stress kann durch viele verschiedene Faktoren entstehen, es gibt aber eine ganze Reihe von Techniken, die man anwenden kann, um sich kurzfristig zu entspannen und so den Druck und die Schwere einer Situation zu verringern. Meist hilft es zudem, wenn wir uns klar machen, was wirklich wichtig ist und die Situation, die uns gerade Stress verursacht, dementsprechend einzuordnen. Dann könnte uns beispielsweise auffallen, dass ein verbranntes Mittagessen mit ein wenig Abstand betrachtet gar nicht sooo dramatisch ist. Besonders viel Stress empfinden wir, wenn wir keinen Einfluss auf die Situation haben, wie beispielsweise aktuell im Hinblick auf die Pandemie. Dann ist es hilfreich zu schauen, welche Bereiche es denn gibt, die wir dennoch selbst gestalten können. Wir können beispielsweise entscheiden, was wir denken, was wir essen, wie viel wir uns bewegen, welche Nachrichten wir konsumieren und welche sozialen Kontakte wir auch digital pflegen können. Sich das bewusst zu machen und dann entsprechend zu handeln, reduziert den empfundenen Stress.


7. Inwiefern kann Ihr Buch Eltern bei der Stressbewältigung helfen?


Mein Buch hat den Untertitel „Ein Elternberuhigungsbuch“, weil mir wichtig war, meine Leser*innen gleichermaßen zu unterhalten und aufzumuntern. Ich will zeigen, dass es völlig in Ordnung ist, auch mal nicht perfekt zu sein und habe mich bemüht meine Tipps in humorvolle und teilweise sehr persönliche Erzählungen zu verpacken, um das Lesen des Buches zu einem Wohlfühlerlebnis werden zu lassen.


8. Einen Satz verwenden Sie häufig im Buch: „It’s not a bug, it’s a feature“. Können Sie uns genauer erklären, was es damit auf sich hat?


»It’s not a bug, it’s a feature« bedeutet frei übersetzt so viel wie: »Das ist kein Fehler, das ist ein Qualitätsmerkmal«. Ich wünsche mir, dass wir uns das häufiger in Bezug auf uns selbst, unsere Partner*innen, Arbeitskolleg*innen oder Schwiegereltern und vor allem in Bezug auf unsere Kinder denken. Denn kaum etwas an diesen Menschen ist ja wirklich ein Fehler, sondern vielmehr ein (meist) liebenswertes Merkmal. Ich wünsche mir, dass wir dem „Normalsein“ weniger Bedeutung beimessen. Wie schön wäre es, wenn wir speziell unsere Kinder ganz entspannt und ohne den vergleichenden Blick auf die Norm-Tabelle sehen und als das Wunder wahrnehmen könnten, das sie sind.


9. Können Sie uns verraten, welche Buch- oder Hörspielprojekte Sie planen?


Zu meiner großen Freude wird es eine zweite Staffel von „Charly und der Wunderwombat Waldemar“ geben. Das ist eine Hörspielserie für Kinder, in der es um Freundschaft und Abenteuer und einen magiebegabten Wombat namens Waldemar geht. Es ist die Art von Geschichte, die ich als Kind gerne gehört hätte und von der ich mir später als Mutter wünschte, dass es sie für meine Kinder geben würde. Ich habe mich bemüht, etwas zu schreiben, was der ganzen Familie Spaß bereitet. Umgesetzt wurde „Wunderwombat Waldemar“ von der bumm film, die auch die erfolgreiche „Ghostsitter“-Hörspielreihe produziert. Da sich diese auch an die ganze Familie richten, war das die perfekte Kombination und ich bin sehr stolz auf das Ergebnis.


Interview geführt im Februar 2021 HINWEIS: Die Antworten dürfen nicht gekürzt werden. Für Wünsche zur Kürzung des Interviews bitte an BUCH CONTACT wenden. BUCH CONTACT Karl-Heinrich-Ulrichs-Str. 20c, D - 10785 Berlin Tel.: 00 49 30- 20 60 66 9-0 berlin@buchcontact.de

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