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Krieg in Europa – Aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt?

Aktualisiert: 7. März 2022


Frieden ist nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.



Die Vereinten Nationen (United Nations Organization - UNO) kamen in ihrem Milleniumsbericht zu dem Schluss, dass Konflikte „nach wie vor die größte Gefahr für die menschliche Entwicklung“ darstellen. Rund 1,5 Milliarden Menschen leben in Ländern, die von Gewalt, Krieg und Fragilität geprägt sind. Rund jeder fünfte Mensch ist von gewaltsamen Konflikten oder fragiler (unsicherer, zerbrechlicher) Staatlichkeit betroffen und der Bedarf an humanitärer Hilfe wird in 4 von 5 Fällen durch politische Krisen ausgelöst.

Die 193 UNO-Mitgliedsstaaten haben 17 nachhaltige Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals - SDG) in der Agenda 2030 mittels Resolution der Generalversammlung, am 25. September 2015 verabschiedet.



Frieden und nachhaltige Entwicklung sind untrennbar miteinander verbunden und Grundvoraussetzung für die Überwindung drängender globaler Herausforderungen, wie Armuts- und Hungerbekämpfung, Umweltschutz, Klimawandel, Maßnahmen gegen Pandemien, für eine bessere Zukunft für alle Menschen. Eine nachhaltige Zukunftsgestaltung unseres Planeten setzt voraus, dass es der Weltgemeinschaft gelingt, einen anderen, gewaltfreien Umgang mit Konflikten zu erlernen und umzusetzen.


Prävention zahlt sich aus!


Prävention lohnt sich - neben den ethisch-moralischen Argumenten - auch aus ökonomischer Sicht, ist die Erkenntnis der Studie Pathways for peace – Inclusive Approaches to Preventing Violent Conflict von der Weltbank und den Vereinten Nationen. Hier wurde zur Berechnung des volkswirtschaftlichen Nutzens, anhand von geschätzten Ausgaben für Präventionsmaßnahmen zur vermuteten Wirksamkeit, sowie die negativen Auswirkungen von Gewaltkonflikten auf wirtschaftliches Wachstum und ebenso die Ausgaben für Friedensmissionen und humanitäre Hilfe im Falle eines Konflikts, berechnet. Im besten Fall könnte die internationale Gemeinschaft 1,5 Milliarden Dollar jährlich an Ausgaben für Friedensmissionen und humanitärer Hilfe einsparen, wenn weltweit mehr in Maßnahmen zur Gewaltprävention finanziert werden würde. Kosten, die durch die gewaltsame Vertreibung von Bevölkerungsgruppen entstehen und Militärausgaben wurden hier noch gar nicht mit einbezogen.


Wenig Glaube an Prävention?


Eine Vielzahl überzeugender Argumente spricht dafür, Konflikten vorzubeugen bevor sie entstehen. Wie kann es dann sein, dass dennoch nicht konsequent in Prävention investiert wird? Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wies darauf hin, dass seit 2010 die globalen Ausgaben für Krisenprävention und Friedensförderung sinken. 2016 wurden weltweit lediglich 2 Prozent der öffentlichen Entwicklungshilfe für Konfliktprävention in fragilen Staaten und 10 Prozent für Friedensförderung ausgegeben. Die OECD mahnte zu mehr Engagement und Bereitschaft in dieser Angelegenheit.


Die Autoren*innen von Pathways for Peace bieten eine Reihe von Thesen als Erklärungsversuche für das Unterlassen von Investitionen in Präventionsmaßnahmen an.


Berichterstattung in Medien


Eine davon ist, dass es kaum Berichterstattung über Prävention im Gegensatz über aufflammende Konflikte und Gewalttaten, gibt. Dabei gelingt es der Mehrheit der Länder in den meisten Fällen, ihre Konflikte friedlich beizulegen. Für Berichterstatter ist es schwer, die Abwesenheit von Gewalt auf eine spezifische Präventionsmaßnahme zurückzuführen.


Zum Beispiel ist das konstruktive Streitschlichtungsgespräch in einer Schule weniger auffällig als eine blutige Schlägerei auf dem Schulhof.


Prävention erfordert vorausschauendes Handeln


Präventionsmaßnahmen begegnen Risiken frühzeitig – lange bevor ihre potenziellen Auswirkungen erkennbar sind. Dem steht die menschliche Eigenheit entgegen, stets daran zu glauben, das schlimmste Szenario werde schon nicht eintreten oder sich – wenn es doch so weit kommt – schon irgendwie abwenden lassen.


Es ist zum Beispiel viel Aufklärungsarbeit notwendig, um Menschen davon zu überzeugen, dass eine gesunde Lebensweise das wirksamste Rezept für ein langes Leben ist und ein hochentwickeltes Gesundheitswesen zwar Krankheiten behandeln, jedoch nicht vorbeugen kann.


Krisen mobilisieren besser als präventives Handeln


Der Antrieb, um zukünftige Krisen, Leid und kriegerische Auseinandersetzungen zu verhindern, ist verhältnismäßig schwach. Oft lösen erst die bereits eingetretenen Ereignisse eine Welle von Hilfsangeboten bzw. friedensstiftende Initiativen aus. Einzelpersonen wie auch Gesellschaften reagieren häufig nur noch auf bereits entstandene Krisen und Schäden.


Das trifft bei Naturkatastrophen, Klimawandel samt Umweltzerstörungen, Kriminalität, Krieg und Attentaten und ebenso bei Übergriffen mit teils tödlichem Ausgang in Beziehungen sowie im familiären Kontext (Femizide, Kindeswohlgefährdungen) zu.


Johann Galtung - Das Konzept des positiven Friedens


Das Konzept des positiven Friedens geht davon aus, dass sich Frieden nur dort langfristig entwickeln kann, wo Menschen Gerechtigkeit, Teilhabe und Chancengleichheit erleben - und zwar ungeachtet ihrer Herkunft, Hautfarbe, Religion und ihres Geschlechts oder Status usw. Dazu sind Rahmenbedingungen und ein gesellschaftliches Klima nötig, in denen Menschenrechte und Vielfalt geachtet, Mitmenschlichkeit und Mitgefühl gelebt werden. Nachhaltige Friedensförderung, die sich am Konzept des positiven Friedens orientiert, hat ihren Auftrag also nicht erfüllt, wenn die Waffen schweigen.


Konstruktive (zivile – nicht militärische) Konfliktbearbeitung


Frieden heißt nicht, dass es keine Konflikte gibt. Spannungen und Konflikte sind unvermeidliche Elemente menschlichen Zusammenlebens und wichtige Signale, dass etwas der Veränderung bedarf. Die essenzielle Frage ist, wie wir – als Gesellschaft – mit Konflikten umgehen bzw. aus unserer Erziehung und den gemachten persönlichen Erfahrungen umgehen „können“.


Die gewaltfreie Vorgehensweise fußt auf der ethischen Überzeugung und praktischen Erfahrung, dass wirklicher, umfassender, stabiler und gerechter Frieden nur auf friedlichem Wege erreicht werden kann.


Wahrhaftiger Frieden kann global gesehen und auch nicht innerhalb der „kleinsten Zelle eines Staates“ – den Familien – von außen verordnet werden.


Die Möglichkeiten zur Friedensstiftung innerhalb der drei Konfliktphasen vor, während und nach (gewaltsamen) Konfliktaustragungen heißen Prävention – Mediation – Nachsorge. Sie werden von international tätigen zivilen Friedensdiensten und in Familien sowie im schulischen Kontext durch wissende (geschulte, starke) Eltern/Obsorgeberechtigte und ebenso Elementarpädagogen*innen/Lehrkräfte angewandt.


„Wenn wir wahren Frieden in der Welt erlangen wollen, müssen wir bei den Kindern anfangen.“ Mahatma Gandhi



Dieses Zitat von Mahatma Gandhi beschreibt sehr gut, wann Prävention für den Weltfrieden starten sollte. Von Geburt an, durch wissende (geschulte) Eltern/Erwachsene, welche durch Vorbildwirkung bei Konfliktlösungen und ebenso in der Erziehung/Beziehung zu ihren Kindern/Jugendlichen gewaltfrei agieren. Eltern/Obsorgeberechtigte sollten ihrem Kind uneingeschränkte, bedingungslose Liebe und Annahme zeigen/zukommen lassen, die Förderung/Unterstützung für sein Wohlergehen, Selbstvertrauen bzw. sein Selbstwertgefühl übernehmen und die Vermittlung von Werten durchführen können.


Daher sollten aus unserer Sicht der Elternbildung und Erziehungsberatung in Österreich bzw. weltweit viel mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Von Geburt an können geschulte Eltern einen großen Beitrag für ein gutes Zusammenleben innerhalb der eigenen Familie und für eine friedvolle Gesellschaft bzw. einen friedvollen Umgang zwischen den Nationen leisten.


Aus diesem Grund ist es für alle Beteiligten sinnvoll, wenn die Förderung der ausgebildeten, zertifizierten Erziehungsberater*innen und Elternbildner*innen, durch das Familienministerium und das Sozialministerium massiv und sofort gesteigert wird. Um werdende Eltern zu erreichen ist eine Implementierung von Elternberatung im Mutter-Kind-Pass eine sinnvolle und machbare Methode, denken wir.


Diktatoren – Aggressoren – Gewalttäter – Mensch und Natur Verächter – Suchtkranke – Psychosomatisch Erkrankte – Beziehungs- und Arbeitsunfähige – Schulverweigerer – Selbst- und Fremdverletzende – empathielose Kinder/Jugendliche und Erwachsene


Wir können nur mutmaßen, welche Erziehung machtbesessene, gewalttätige Menschen in ihrer Kindheit erhalten haben, da wir nicht dabei waren. Auch in allen anderen – oben genannten – Fällen waren wir vom Österreichischen Kinderschutzbund – Wien nicht anwesend. Sonst hätten wir sofort einschreiten und beratend Unterstützung für die beteiligten Eltern bieten können. Auch das Amt für Kinder- und Jugendhilfe erfährt erst nach Meldungen bzw. polizeilichen Anzeigen von Vernachlässigung, körperlicher und/oder psychischer Gewalt an Kindern und Jugendlichen. Femizide könnten ebenso ein Produkt von fehlgeleiteter Erziehung sein, wie das Anwenden von Selbstverletzungen – inklusive Essstörungen – und die Ausbildung von psychischen Erkrankungen.


Welche Erziehung der aktuelle russische Präsident oder andere machtlüsterne Aggressoren auf unserem Planeten erhalten haben, können wir aus Unkenntnis der familiären Begebenheiten nicht sagen. Wahrscheinlich waren keine ausgleichenden, positiv „färbende“ Erwachsene in deren Kindheit anwesend, um eben diese wichtige – einzigartige - Phase im Leben eines Menschen glücklich – sozial empathisch - zu gestalten.


Investiert in Frieden, Prävention und glückliche Beziehungen zwischen Kindern und Eltern anstatt in Kriegsmaterial, Ausgrenzung, Hass und Zerstörung!


Sascha Hörstlhofer, BA

Obmann und Referent ÖKSB-Wien



Quellen:

Ohne Rüstung Leben (Hrsg.): Friedliche Gesellschaften gemeinsam gestalten/Eine Einführung zum Zusammenhang von Frieden und nachhaltiger Entwicklung im Sinne der Agenda 2030, Stuttgart, 2018





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