Tobias will nicht essen ...
Der 20 Monate alte Tobias ist ein munteres Kind, am liebsten ständig in Bewegung. Ruhig sitzen fällt ihm schwer, besonders bei Tisch. Seine Mutter Tanja ist sehr bemüht um ihn und will alles ganz perfekt machen. Gesunde Ernährung ist ihr besonders wichtig. Daher ist sie besorgt und oft auch verärgert, weil Tobias kaum Interesse am Essen zeigt und nie ganz das laut Tabelle altersentsprechende Sollgewicht erreicht. Die aufgesuchte Ärztin hat sie zwar beruhigt, dass Tobias völlig gesund ist und ihr empfohlen, den Kleinen schon öfter selbständig am Familientisch mitessen zu lassen. Dieser Versuch geht aber jedes Mal gründlich daneben: Tobias will schon nach kürzester Zeit weg vom Tisch, spielt nur mehr mit dem Löffel und dem Essen und wird ganz zappelig. Tanja fühlt sich dann hilflos und gestresst. Als sie einmal noch dazu unter Zeitdruck steht verliert sie die Nerven und macht wieder, was schon früher manchmal funktioniert hat: „Nix da mit selber essen!“ – hinein in den Kindersitz – Tobias mit Spielzeug ablenken und wenn sein Mund gerade offen ist schnell den gefüllten Löffel hineinschieben! Doch auch das will diesmal nicht klappen: Tobias spuckt das Essen aus, dreht den Kopf weg und wehrt sich durch Schreien und Zappeln. Tanjas Nerven liegen blank: sie packt Tobias unsanft am Arm und schreit ihn an: „So was Gutes habe ich extra für dich gekocht – iss doch endlich, zum Donnerwetter noch einmal!“ Wie fühlen sich die beiden wohl dabei? Wo doch Essen etwas Lustvolles und Erfreuliches sein sollte!
Probleme rund ums Füttern bzw. Essen kommen häufig vor. Was haben sie mit Gewalt zu tun? Ist es nicht verantwortungsbewusst und vernünftig als Erwachsener darüber zu bestimmen, was, wann und wie viel das Kind essen soll? Doch Vorsicht! Hier wird oft schädlicher Zwang ausgeübt. Es fehlt an Einfühlungsvermögen, an Respekt vor dem Kind, an Vertrauen und auch am Wissen um seine natürliche, individuelle Entwicklung. Die Sorge um das „zu wenig essen“ ist meist unbegründet. Ein gesundes Kind „verhungert“ nicht freiwillig! Regelmäßige Mahlzeiten sind zwar gut, gelegentliche Ausnahmen schaden aber nicht. Bei der Speisenauswahl kann man sich unbesorgt an den Vorlieben des Kindes orientieren, dabei muss „Gesundes“ nicht zu kurz kommen. Wird es variantenreich immer wieder angeboten, kommen die meisten Kinder von selbst auf den Geschmack. Keinesfalls darf man das Kind aber zum Essen von abgelehnten Speisen zwingen. Zwang zum Essen ist immer schädlich und kontraproduktiv!
Wenn Sie merken, dass Sie in einer belastenden Situation mit Ihrem Kind an Ihre Grenzen kommen und Gefahr laufen, dass die Situation eskaliert, Sie einem Kind weh tun oder es ängstigen könnten, zögern Sie bitte nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
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Österreichischer Kinderschutzbund Wien – T: 0677 619 817 20
Mail: verein@kinderschutz.at
Haben auch Sie Erfahrungen mit schwierigen Situationen beim Füttern/Essen mit Kindern gemacht? Im Kindergarten oder Zuhause?
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Dieser Blog - Artikel stammt aus unserer Broschüre: Ist das schon Gewalt?
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